Bei Aufräumarbeiten auf dem Chor der Pfarrkirche wurde unlängst eine
Schachtel mit schwer beschädigten, goldfarbenen Teilen sakraler Instrumente
gefunden, deren Herkunft vorerst unklar war. Nach einigen Recherchen stellte
sich heraus, dass die Teile zu den im Juli 1954 aus der Wolfgangskirche
gestohlenen Gegenständen gehören. Pfarrchronist OSR Willibald Fuchs fand in
der Pfarrchronik die endgültige Klärung des Falls säuberlich
aufgezeichnet:
Aus dem Tabernakel der Wolfgangskirche waren eine „gotische Monstranz“ mit
den Reliquien des Heiligen Wolfgang und ein weiterer Reliquienbehälter
gestohlen worden. Einige Tage später wurden stark beschädigte Teile der
Gefäße in einem Sack am Straßenrand bei Gloggnitz gefunden und nach
Kirchberg zurückgebracht. Die Täter hatten offenbar nach der Erkenntnis,
dass die Gegenstände weder aus Gold noch aus Silber, sondern aus Messing
waren, diese voll Zorn zerstört und weggeworfen.
Prälat Krebs beschreibt die Gefäße in seinen Aufzeichnungen näher:
- die gotische Monstranz stammt aus dem 19. Jahrhundert und ist
neugotisch. Sie wurde im Jahr 1927 ganz vergoldet. Die Monstranz war seit
dem 1. Wiederaufbau im Besitz der Wolfgangskirche und wurde wahrscheinlich
zur Zeit Dechant Wiestners angeschafft und überstand den Brand unbeschadet.
Nachdem der Regensburger Bischof Dr. Michael Buchberger im Jahr 1937 der
Wolfgangskirche 5 Reliquien des Hl. Wolfgang geschenkt hatte, wurde die
Monstranz zu einer Reliquienmonstranz umgearbeitet und abermals neu
vergoldet. Am 1. August 1937 wurden die Reliquien durch Kardinal Innitzer
feierlich der Wolfgangskirche übertragen.
- über den kleinen Reliquienbehälter mit Reliquien des Heiligen Leopold
liegen leider keine genaueren Informationen vor.
Bei den wieder gefundenen Teilen in der alten Schachtel handelt es sich
eindeutig um Teile der gestohlenen Gegenstände, wie ein Vergleich mit alten
Fotos eindeutig beweist. Die Teile sind stark beschädigt und unvollständig,
sodass eine Restaurierung wohl unmöglich ist. Die Reliquien sind natürlich
verschwunden, es besteht zumindest die theoretische Chance, dass diese
anhand des hier veröffentlichten Fotos identifiziert werden können und eines
Tages wieder auftauchen.
Ein weiterer Teil des kostbaren „Domschatzes der Wolfgangskirche“, wie es
Prälat Krebs bezeichnete, ist das barocke Ziborium der Priorin des
Chorfrauenstiftes Anna Jakobina Pollinger, auch dieses war etwas in
Vergessenheit geraten und von vielen verloren geglaubt.
Im Zuge der Diskussion um die gestohlenen Gegenstände erkannte Pfarrer Mag.
Grünwidl den Kelch auf einem der alten Fotos und berichtete, dass dieser
gänzlich sicher im Safe der Pfarre steht. Die Erleichterung bei den
„Unwissenden“ war natürlich groß.
Nachfolgend ein Auszug aus der Beschreibung des Ziboriums von Prälat
Krebs:
Das Ziborium wurde von der Priorin Pollinger im Jahre 1658 für die Stift-
und Pfarrkirche St. Jakob gestiftet. Der reich dekorierte und gravierte
Kelch besteht aus Silber und ist großteils vergoldet. Nach der Aufhebung des
Klosters im Jahre 1782 kam das Ziborium in die neu errichtete Pfarrkirche
von St. Peter am Neuwald. Dort blieb es bis zum Jahre 1910, als es der
Provisor Honorius Rett in Wien bei Zambach und Müller für ein neues,
größeres eintauschte. Das alte Ziborium kaufte im Jahre 1917 der Kooperator
der Pfarre Baumgarten (Wien 13) und schenkte es seinem Pfarrer Karl Eder zu
dessen goldenem Priesterjubiläum. Von diesem geistlichen Herrn kaufte es nun
Prälat Krebs und machte es am 14. Juli 1927 der Wolfgangskirche unter der
Bedingung zum Geschenk, dass dasselbe keinesfalls veräußert werden dürfe.
Bei etwaiger Exsekration der Wolfgangskirche geht das Ziborium wieder in den
Besitz der St. Jakobskirche über, sollte auch diese exsekriert werden, dann
geht nach Willen des Spenders Prälat Krebs das Eigentumsrecht auf den
zuständigen Diözesanbischof über.
Soweit die neuesten, beziehungsweise wiederentdeckten Erkenntnisse über den
Verbleib des „Domschatzes der St. Wolfgangskirche“.
(red)
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